Missklänge – 24. Mai 2020
Leben mit Masken
„Bist Du das Heike?“
„Hallo Chrissy, schön, Dich zu sehen. Hätte Dich mit der Gesichtsmaske gar nicht erkannt. Selbstgenäht?“
„Ja. Bleib bitte auf Armlänge vom Einkaufwagen weg, Heike. Er ist nur eins-zwanzig lang.“
„Ich wollte mir ja lediglich Deine Maske ansehen.“
„Komm‘ bloß nicht näher. Ich schicke Dir die Nähanleitung per E-Mail. Wir halten uns sogar in der Wohnung an die Abstandsregel. Obwohl wir beide den Mundschutz tragen.“
„Tragt Ihr den ununterbrochen, Chrissy?“
„Den ganzen Tag. Alles andere wäre zu gefährlich, Heike.“
„Macht Dein Mann nicht Homeoffice?“
„Ja. In unserem Wohnzimmer in der hinteren Ecke. Damit ich mit einem Ein-Meter-fünfzig-Abstand an ihm vorbei in die Küche kann.“
„Dabei tragt Ihr beide den Maulkorb?“
„Ununterbrochen, Heike.“
„Und beim Essen, Chrissy?“
„Wie, beim Essen?“
„Da nimmst Du ihn doch ab, oder?“
„Schon. Aber wir essen getrennt. Also ich stelle ihm das Essen in die andere Ecke des Wohnzimmers und er wartet, bis ich den Raum verlassen habe, bevor er seine Corona-Maske abnimmt.“
„Und Du, Chrissy?“
„Mensch Heike, ich esse allein in der Küche.“
„Schlaft Ihr denn jetzt getrennt?“
„Nein. Obwohl ich darüber nachgedacht habe. Erstens haben wir nur ein Schlafzimmer. Zweitens könnte er zwar auf der Couch übernachten, aber das will er nicht. Thorben sagt, dass er nicht geheiratet habe, um danach getrennt zu schlafen.“
„Nehmt Ihr denn im Bett die Maske ab, Chrissy?“
„Natürlich nicht, Heike. Wir lieben uns doch.“
„Ähm, schläfst Du denn manchmal noch mit ihm?“
„Wieso manchmal? Wir schlafen fast täglich miteinander. Aber nur mit Mundschutz.“
„Immer?“
„Außer beim Oralverkehr.“
© Marc Mandel 24.5.2020 16 Uhr